Inhalt 9 kuriose Fakten über die Nachtwäsche
Das Nachthemd oder der Schlafanzug ist heute eine Selbstverständlichkeit wie die automatische Toilettenspülung. Dabei gibt es die Nachtwäsche, wie wir sie heute kennen, noch gar nicht so lange.
Wenn man sich zurück begibt in die Geschichte der Nachtwäsche, stößt man auf so manches kurioses, lustiges und interessantes.
Mach es dir bequem, hol dir was zu trinken und dann lass uns gemeinsam abtauchen, in die Nachtwäsche Gewohnheiten vergangener Zeiten und 9 kuriose Fakten über die Nachtwäsche entdecken.

1. Nacktschlaf war früher ganz normal
Nicht immer hatten die Menschen Nachtwäsche an. In der Antike bis ins Mittelalter war es üblich nackt zu schlafen. Damals war es purer Luxus ein Kleidungsstück zu haben, was man nur nachts anziehen sollte.
Es gab ja keine Industrie, die günstige Stoffe und Nachthemden herstellen konnte. Alles war aufwendige Handarbeit. Somit konnten sich damals nur wohlhabende Leute Nachtkleidung leisten.
2. Nachthemd als Statussymbol
Erst ab dem 16. Jahrhundert begannen Menschen richtige Nachthemden zu tragen. Diese waren meist aus feinem Leinen oder Seide gefertigt.
Für die Damen waren sie mit Stickereien und Spitze verziert. Damit zeigte man, wie wohlhabend man war. Ähnlich war es bei Tageskleidung. Je teurer und hochwertiger die Stoffe, um so reicher und von höherem Stand war die Person.
Die Nachthemden damals waren einfache Rechtecke. Sie bestanden aus einem großen Rechteck, was in der Mitte ein Loch für den Kopf hatte und Rechtecke, die als Ärmel dienten.
Für mehr Bewegungsfreiheit gabs oft noch kleine Einsätze aus Dreiecken unter der Achsel. All dies wurde zusammengenäht zu einem Sackähnlichen Kleidungsstück, welches einfach über den Kopf gezogen wurde. Es erfüllte seinen Zweck.
3. Die Pumphose – Gefährlich oder nicht?
Im viktorianischen England trugen Frauen (aber auch Männer und Kinder) zusätzlich zum Nachthemd oft auch sogenannte Pumphosen.
Die Engländer nannten sie Split Drawers, später auch Bloomers. Diese Hosen dienten damals als Unterwäsche und zusätzliche Wärmeschicht.
Sie bestanden aus zwei separaten Hosenbeinen, die lediglich am Bund hinten etwas zusammengenäht waren, damit sie leichter anzuziehen waren.
Durch den offenen Schritt konnte man einfacher auf Toilette gehen, ohne die voluminösen und vielen Schichten von Röcken ausziehen zu müssen. Man konnte praktisch jederzeit auf Toilette gehen, egal wo man war. Gleichzeitig schützten sie die empfindlichen Organe.
Im 19. Jahrhundert entstand jedoch eine heftige Diskussion darüber, ob Frauen diese Hosen tragen sollten oder nicht. Dr. E. R. Palmer sprach sich damals gegen die offenen Unterhosen aus.
Er war der Meinung, dass dadurch Krankheiten und Infektionen von außen leichter entstehen konnten.
E. R. Shepherd war der Meinung, dass es wohl besser wär, wenn Frauen offene Unterhosen trugen. Er schrieb, dass die eingeschlossenen Gerüche bei zuen Unterhosen nicht entweichen könnten und somit unangenehm für die Dame werden könnten. Ganz anders als bei offenen Hosen, wo der Geruch schön entweichen kann.

4. Nachthauben: Warme Köpfe in kalten Nächten und glänzendes Haar
Im 17. und 18. Jahrhundert waren die Häuser nicht so gut isoliert wie heute und dementsprechend kühlten sie schnell aus. Um nachts nicht mit einem kalten Kopf einschlafen zu müssen, setzte man sich Nachthauben oder Schlafmützen auf.
Es gab sie als Zipfelmütze, welche vorrangig Männer aufsetzten.

Und als rundliche Hauben mit Spitzenverzierungen für die Damen.
Meist waren sie aus Baumwolle oder Wolle gefertigt. Der bekannteste Zipfelmützen-Träger ist wohl Mr. Scrooge aus der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens.
Ab 1900 kamen die „normalen“ Nachthauben außer Mode und galten als altmodisch.
Allerdings gab es modernere aus Seide, die empfohlen wurden, damit das Haar glänzender wurde.
Heute werden sie hauptsächlich von Menschen getragen, die lange lockige Haare Haare haben, um die Frisur zu schonen.
5. Pyjamas: Vom Skandal zur Normalität
5.1. Die Ursprünge der Pyjamas
Die ersten Pyjamas (oft auch Pajamas genannt) wurden bereits im Osmanischen Reich im 13. Jahrhundert getragen. Es waren traditionelle lockere Hosen, die mit einer Kordel um die Taille getragen wurden.
Das Wort Pyjama leitet sich aus dem Hindi-Wort paejama ab, was soviel wie Beinbekleidung bedeutet.
Nach und nach gelangte er nach Europa, u.a. auch durch britische Kolonialherren, und kam in der Mitte des 17. Jhd. als Freizeitanzug in Mode.
Jedoch sollte es noch bis Ende des 19. Jahrhunderts dauern, bis er so richtig populär wurde. Mit der Zeit galten Nachthemden immer mehr unmännlicher und unmoderner.

In einem Zeitungsartikel in der Expositor Zeitung von 1896 beklagt sich der Autor, dass es in den Läden zu wenig Schlafanzüge für Frauen zu kaufen gibt. Und dass es nur noch eine Frage der Zeit wäre, bis alle Frauen diesem Modetrend folgen.
5.2 Der anfangs skandalöse Pyjama-Trend
Anfang des 19. Jahrhunderts war es für Frauen verpönt einen Schlafanzug zu tragen, selbst im Schlafzimmer.
Erst als der I. Weltkrieg ausbrach, begann der Schlafanzug für Damen salonfähig zu werden. Der Grund war ganz simpel: durch die Luftangriffe konnte es passieren, dass man nachts plötzlich raus musste. Dadurch wurde praktische Nachtwäsche empfohlen, in der man auch um 2 Uhr morgens gut aussah und die straßentauglich war.

Zudem waren Schlafanzüge wärmer und praktischer. Sie hatten kleine Taschen, in denen man nützliche Sachen verstauen konnte, die man im Notfall griffbereit haben musste. Einteiler wurden ebenfalls empfohlen, da sie bequem und praktisch waren.
Jedoch schienen Frauen schon viel eher Schlafanzüge getragen zu haben. In einem Artikel von 1902 in der Zeitung San Francisco Call wird berichtet, dass Kleidungsstücke, die sonst nur Männern vorbehalten waren, nun auch immer mehr Frauen trugen.
Gemeint ist der Schlafanzug. Das Kleidungsstück aller Kleidungsstücke mussten die Männer sich nun mit den Frauen teilen. Welch ein Skandal.
Das Pyjama-Mädchen ist realer geworden, als Karikaturisten es sich jemals hätten vorstellen und zeichnen können. Es war ein weiterer Schritt der Emanzipation der Frauen.
So wie die Hosen zum Radfahren und der Mantel für Autofahrerinnen.
Nun, Amerika war ja anderen Ländern immer schon ein Schritt voraus.
6. Das prüde viktorianische Zeitalter
Zu Zeiten von Queen Victoria (1819-1901) war die Mode sehr hochgeschlossen und bedeckt, sodass man bei Frauen weder Ausschnitt (außer bei Abendkleidern) noch Knöchel sehen konnte.
Genauso war es bei viktorianischen Nachthemden. Sie waren weiß, bodenlang, hatten lange Ärmel und waren bis zum Hals geschlossen.
Meistens wurden sie mit einem Kragen und Spitze verziert. Bei Herren übrigens das gleiche. Sie trugen zum Schlafen lange Shirts, die bis über die Knie reichten und lange Ärmel hatten. An Schlafanzüge war nicht einmal im Traum zu denken.
Es ist sehr amüsant zu sehen, wie damals versucht wurde nach außen hin sittsam und anständig zu erscheinen.
Und das, obwohl man doch weiß, was sich hinter den verschlossen Türen abspielte.
z. B. anhand von Queen Victorias Tagebucheinträgen und Briefen zu Albert weiß man, wie leidenschaftlich sie sich geliebt haben. Und sie waren da sicher nicht die einzigen. Nur wurde es damals nicht so nach außen getragen wie heute.

7. Schlafanzug Verbot in China
Man mag es kaum glauben, aber in China ist es verboten im Schlafanzug auf die Straße zu gehen. Nicht, dass ich so etwas tun würde, aber dass es überhaupt Menschen gibt, die so etwas tun und dass man dafür ein Verbot erteilen muss, stimmt einen schon nachdenklich.
Im Kurier.at von 2020 wird berichtet, dass China mittels KI seine Bevölkerung überwachen lässt und wer im Schlafanzug durch die Straßen läuft und dabei erwischt wird, wird öffentlich an den Pranger gestellt. Es ist einfach unzivilisiert, heißt es.
In Shanghai gab es wohl mal eine Ära, wo die Menschen keine Privatsphäre hatten und in Gemeinschaftsunterkünften lebten. Dort mussten sie sich sogar die Toiletten teilen. Daher laufen dort viele Menschen immer noch aus Gewohnheit im Schlafanzug durch die Gegend.
Sämtliche Bemühungen der Stadt, die Menschen umzuerziehen scheinen vergebens. Pfiffige Unternehmer bieten sogar Sommer und Winterkollektionen an.
8. Die Bettjacke – Vorgänger des Morgenmantels
Sogar im 17. Jahrhundert gab es schon Bettjacken. Jedoch fällt es einem in alten Katalogen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert besonders auf. Die Bettjacken wurden über dem Nachthemd getragen, um Schultern, Arme und Brust zu bedecken. Sie waren meist kurz gehalten und ideal um stilvoll im Bett zu frühstücken oder beim gemütlichen Lesen vor dem Schlafengehen.

Damals wurden sie vorwiegend angezogen, um die Trägerin warm zu halten. Sie bestanden meist aus Wolle, Baumwolle oder Flanell.
In den 1930er Jahren gab es auch welche aus Spitze, Seide und transparenten Stoffen, die meist einen dekorativen Zweck hatten. Heute würde man die Jacken als Morgenmantel oder Bademantel bezeichnen.
9. Das Nachthemd als Geschenk von Queen Victoria
Kaum vorstellbar und dennoch wahr. Wer damals für Queen Victoria gearbeitet hatte, hatte das Glück ab und an von ihr nicht mehr getragene Kleidungsstücke zu bekommen. Unter anderem auch Nachthemden. Damals hatten die Menschen einfach einen anderen Bezug zur Kleidung.
Zum einen gab es keine industriell hergestellte Kleidung (also keine Massenware an Kleidung wie wir sie heute kennen), wodurch alles von Hand genäht wurde. Schon deswegen war jedes Kleidungsstück hochwertiger und wurde mehr geschätzt.
Zum anderen wurde mit der Kleidung der Stand ausgedrückt. Arme Leute konnten sich nur einfache Stoffe und eine überschaubare Anzahl an Kleidungsstücke leisten, während Adlige und Könige in feinere Stoffe wie Samt, Seide usw. gekleidet waren.
Da war es schon etwas besonderes ein Nachthemd mit den bestickten Initialen von der Queen zu bekommen. Oftmals wurden die Sachen auch weiter verkauft und damit Geld gemacht.
Fazit
Die Geschichte der Nachtwäsche ist voller kurioser und lustiger Entwicklungen. Während wir heute meist zwischen Pyjama oder Nachthemd wählen, hatten unsere Vorfahren mit strengen Regeln, praktischen Erfindungen und gesellschaftlichen Erwartungen zu kämpfen.
Eines ist sicher: Nachtmode war schon immer mehr als nur ein Kleidungsstück – sie erzählt Geschichten über Kultur, Anstand und Komfort durch die Jahrhunderte hinweg.
Falls du selbst einmal ein historisches Nachthemd um 1900 nähen möchtest, habe ich hier eine Nähanleitung für dich.
